Gemeinsam wohnen, leben und arbeiten – Jung und Alt: Auf dem Gelände des alten Elisabeth-Krankenhauses in Stahnsdorf entsteht ein Projekt mit Zukunftscharakter. Auf dem Mehrgenerationencampus soll es neben einem Kindergarten und einer Pflegeeinrichtung auch sozialverträgliches Wohnen und Raum für Kultur und Gastronomie geben. Auch Startups, Forschungs- und universitäre Einrichtungen sind auf dem Campus willkommen.
„Pflegen.Leben.Arbeiten“ – unter diesem Motto wollen Anne Cathrin, Sebastian und Wolfhardt Schroedter das seit 1994 leerstehende Elisabeth-Sanatorium in Stahnsdorf wieder zum Leben erwecken.
„Wir haben es uns zur Lebensaufgabe gemacht, die Idee des klassischen Pflegeheims aufzubrechen“, sagt Anne Cathrin Schroedter über den geplanten Mehrgenerationencampus. Um das denkmalgeschützte Gebäude des Elisabeth-Sanatoriums herum soll ein Campus entstehen, auf dem alte und junge Menschen, Menschen mit und ohne Behinderung zusammenfinden. Neben einem Kindergarten und Gebäuden für betreute Wohn- und Pflegeeinrichtungen soll es Büros, Wohnungen und Flächen für Kultur- und Freizeitevents geben. Im Interview gibt Anne Cathrin Schroedter gemeinsam mit ihrem Bruder Sebastian Schroedter und ihrem Vater Wolfgang Schroedter Einblicke in das Familienprojekt.
Anne Cathrin Schroedter: Während meiner Ausbildung als Krankenschwester hatte ich schon den Traum, einmal ein eigenes Pflegeheim zu betreiben und das Konzept der Pflege dabei völlig neu zu denken – eine andere, bessere Pflege möglich machen. Wir haben innerhalb der Familie immer wieder über dieses Thema diskutiert, auch darüber, mit unseren gebündelten Kompetenzen etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Gleichzeitig sind wir alle bei unseren täglichen Wegen immer wieder an diesem Grundstück hier vorbeigefahren. Und irgendwann war der Gedanke da, unseren Traum genau hier wahr werden zu lassen. Als dann ein Zettel mit der Verkaufsanzeige und einer Handynummer am Tor des Grundstücks hing, war klar: Wir rufen da an!
Sebastian Schroedter: Nach den ersten Gesprächen mit den Eigentümern haben wir eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Als dabei herauskam, dass wir aus Schallschutzgründen das alte Klinikgebäude nicht als Pflegeeinrichtung nutzen können, war das der Anstoß, nicht nur konzeptionell, sondern auch räumlich weiterzudenken. So ist die Idee entstanden, einen ganzen Campus zu errichten: Das ehemalige Klinikgebäude wird das Herzstück des Campus bleiben; mehrere Anbauten werden das Hauptgebäude modular ergänzen. Auf diese Weise konnten wir Schritt für Schritt weiterplanen: Was braucht es, um Jung und Alt zusammenzubringen und auch pflegebedürftige Menschen weiter aktiv am Leben teilhaben zu lassen?
Wolfhardt Schroedter: Auf jeden Fall wird es eine Kita und eine Pflegeeinrichtung geben. Ganz zentral ist aber auch, dass wir sozialverträglichen Wohnraum schaffen wollen. Wir möchten mehrere Generationen ansiedeln: Junge Familien, deren Kinder hier in die Kita gehen und deren Eltern im Pflegefall hier versorgt werden können. Das ist es, was den Mehrgenerationencampus-Gedanken ausmacht.
Sebastian Schroedter: Darüber hinaus sind wir offen für ganz verschiedene weitere Akteur:innen am Standort: Eine Kooperation mit einer Universität oder Klinik wäre denkbar, Coworking-Spaces für Start-ups mit Forschungs- oder Pflegefokus, ärztliche Versorgung, Apotheken. Aber auch alles Weitere, was zum Wohnen und Leben dazugehört: Einzelhandel, Blumenläden, ein Wochenmarkt oder Brotback-Events – wir sind offen für alles, was Leben hierherbringt: Kultur, Konzerte, Freiluftkinos. Ein Biergarten.
Anne Cathrin Schroedter: Wir haben es uns zur Lebensaufgabe gemacht, die Idee des klassischen Pflegeheims aufzubrechen. Alte Menschen und auch Menschen mit Behinderung sollen fester Teil des Gemeinschaftslebens hier am Campus sein. Alte und Junge, Menschen mit und ohne Behinderung können sich gegenseitig stützen. Das sehen wir in unserer eigenen Familie und glauben fest daran, dass sich das auch im Großen umsetzen lässt.
Wolfhardt Schroedter: Wir wollen ein „Mehrgenerationen-Leben“ auf dem Campus etablieren und einen Anziehungspunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner der angrenzenden Gemeinden Potsdam, Stahnsdorf und Kleinmachnow schaffen.
Wolfhardt Schroedter: Das Grundstück um die ehemalige Elisabeth-Klinik ist Teil des Landschaftsschutzgebiets Parforceheide. 2019 hat die Naturschutzbehörde ihre Zustimmung für die Bebauung gegeben und die Stahnsdorfer Gemeindevertreter:innen haben den Entwurf zum Bebauungsplan ohne Gegenstimme angenommen. Damit haben wir bereits zwei wichtige Meilensteine genommen.
Wolfhardt Schroedter: Wir wollen ein Denkmal wieder zum Leben erwecken – das ist natürlich mit viel Aufwand verbunden. Wir schaffen das nicht alleine, dafür brauchen wir Unterstützung – auch finanzielle. Sobald die Finanzierung final geklärt ist, stellen wir den Bauantrag. Aktuell rechnen wir damit, dass wir 2024 mit dem Bau beginnen können.
Sebastian Schroedter: Wir sind dabei, weitere Partner:innen für unser Projekt zu gewinnen. Bei der Auswahl ist uns wichtig, dass wir inhaltlich harmonieren und Werte teilen. Außerdem ist uns bewusst, dass meine Schwester, mein Vater und ich auch im Sinne einer Art „Quartiersmanagement“ Einfluss nehmen müssen.
Wenn es um Inklusion geht – darum, ältere Menschen und Menschen mit Behinderung am Leben teilhaben zu lassen – dann geht es auch darum, Vorbehalte abzubauen. Zwischen schwer dementen Bewohner:innen und Kindern wird es Reibungspunkte geben; Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung sollen hier nicht nur Arbeit finden, sondern wir müssen sicherstellen, dass sie, wie alle anderen auch, am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilnehmen können.
Anne Cathrin Schroedter: Das ist ja auch genau der Grund, warum es nicht viel mehr derartiger Projekte gibt. Viele haben bei Menschen mit Behinderung oder dementen Menschen Berührungsängste. Und Kinder finden die meisten zwar lustig, aber wenn die Kita direkt gegenüber ist, ist das dann doch zu laut. Wir wollen die unterschiedlichen Gruppen an die Hand nehmen und zeigen, dass es auch anders geht. Das ist unser Lebensprojekt.
Wolfhardt Schroedter: Wir sind angetreten, eben diese Vorbehalte zu durchbrechen. Damit uns das gelingt, suchen wir jetzt noch Partner:innen, die unsere Vision teilen, bereit sind mitzuziehen und mit uns einen gesellschaftlichen Beitrag zu leisten und ein Miteinander der Generationen möglich zu machen.
"Das ehemalige Klinikgebäude wird das Herzstück des Campus bleiben; mehrere Anbauten werden das Hauptgebäude modular ergänzen. Auf diese Weise konnten wir Schritt für Schritt weiterplanen: Was braucht es, um Jung und Alt zusammenzubringen und auch pflegebedürftige Menschen weiter aktiv am Leben teilhaben zu lassen?"
Wolfhardt Schroedter ist Ingenieur und hat über 30 Jahre Erfahrung im Management großer Industrie-, Hotel- und Infrastrukturbauten. Er war unter anderem involviert in den Bau der Max-Schmeling-Halle und des Lehrter Bahnhofs in Berlin. Bekannt ist Wolfhardt Schroedter jedoch auch für eine besondere Art der Ingenieursleistung: Er war einer der Fluchthelfer, die 1962 29 Personen über den „Tunnel 29“ die Flucht in den Westen ermöglichten.
Anne Cathrin Schroedter ist gelernte Pflegefachkraft und leitet seit 2014 die E.P.S. Experten Pflege Service GmbH.
Sebastian Schroedter ist gelernter Wirtschaftsingenieur und führt das Ingenieurs- und Projektmanagementbüro seines Vaters weiter. Zuvor hat er unter anderem auch Erfahrungen im Veranstaltungsbereich gesammelt.