Innovative Versorgung
„Indem wir Hightech aus den Kliniken modifiziert haben, ermöglichen wir die Betreuung von schwerkranken Patienten in ihrem Zuhause und geben diesen dort Sicherheit.“
Michael Scherf
Die Produkte von GETEMED sind nur wenige Zentimeter groß, haben aber das Zeug, die Gesundheitsbranche nachhaltig zu verändern: Mit ihrer Health-Technik bringt das Unternehmen nicht nur Hightech ins Zuhause schwer kranker Menschen, sondern gibt den strukturschwächeren Regionen in Brandenburg eine Verbindung zur medizinischen Versorgung der Metropole. Eine Geschichte darüber, dass die besten Produkte häufig vor der Haustür entstehen.
Manchmal besteht die größte Anfangsarbeit darin, ein Etikett aus dem Weg zu räumen – etwa, dass innovative Produkte nur aus Übersee kommen könnten. Das zumindest musste die Führung von GETEMED erfahren, dem renommierten Medizintechnik-Unternehmen aus Teltow. „Wir hatten bereits Universitätskliniken in der Schweiz und Österreich als Kund:innen gewonnen, aber unsere eigene Kreisstadt zu überzeugen – das war extrem schwer. Solch ein Produkt aus unserem Landkreis – nein, das musste natürlich aus Amerika oder England kommen“, erinnert sich Michael Scherf, Vorstandsvorsitzender der GETEMED Medizin- und Informationstechnik AG. Das ist inzwischen lange her, Überzeugungsarbeit ist heute kaum mehr nötig. Mit ihrer Gesundheits-Technik ist Getemed am Puls der Zeit.
Angefangen hat die 1984 gegründete Medizintechnik-Firma mit mobilen Messgeräten für Risikoneugeborene. GETEMED-Gründer Dr. Herwig Freiherr von Nettelhorst kommt die Inspiration aus persönlichen Gründen: als dessen Sohn geboren wird, kommt von Nettelhorst mit den Ärzt:innen auf das Thema plötzlicher Kindstod zu sprechen. Also entwickelt der gelernte Ingenieur einen Mechanismus, der die Atmung des Kindes registriert und bei Unregelmäßigkeiten Alarm schlägt – eine bahnbrechende Entwicklung, nicht nur für das junge Unternehmen. 1987 erhält GETEMED für seine erste Säuglings-Monitor-Generation „BabyGuard“ den Innovationspreis Berlin.
Inzwischen ist Getemed erfolgreich dabei, einen weiteren Risikofaktor im menschlichen Körper durch intelligente Medizintechnik zu überwachen: das Herz – genauer gesagt: das schwache Herz. Dazu entwickelt das Unternehmen Medizinprodukte für die kardiologische Funktionsdiagnostik sowie deren Übertragung via Telemonitoring. Um Risikopatient:innen häufige Klinikaufenthalte zu ersparen, hat das Unternehmen zum Beispiel ein telemedizinisches Überwachungssystem speziell für den ambulanten Bereich entwickelt und in Kooperation mit dem Klinikum Cottbus, Brandenburg, der Charité und der Deutschen Telekom eine flächendeckende Betreuung schwer herzkranker Patient:innen aufgebaut.
Die Geräte analysieren auf Grundlage verschiedener Vitalfunktionsparameter den aktuellen Gesundheitszustand der Patient:innen, die die Messungen zuhause eigenständig vornehmen können. Die Daten werden digital an die behandelnden Ärzt:innen übermittelt, die dadurch die Gesundheit ihrer Patient:innen jederzeit im Blick haben und bei Unregelmäßigkeiten schnell reagieren können. „Indem wir Hightech aus den Kliniken modifiziert haben, ermöglichen wir die Betreuung von schwerkranken Patient:innen in ihrem Zuhause und geben diesen dort Sicherheit“, so der Getemed-Geschäftsführer.
Mit seinen Produkten bringt GETEMED aber nicht nur Hightech in die Wohnungen, sondern auch in die Region – und revolutioniert nebenbei noch das Gesundheitssystem. Denn durch die telemedizinischen Lösungen lässt sich die Dauer des Krankenhausaufenthalts deutlich reduzieren. Dadurch sinken längerfristig auch die Behandlungskosten – ein sehr positiver Nebeneffekt für das Gesundheitssystem. Und mehr noch: „Mit unseren Produkten können wir die Kluft zwischen dem strukturschwachem ländlichen Raum und einer Metropole überwinden, indem dort, wo Ärzt:innen vorhanden sind, die Betreuung von Patient:innen aus strukturschwächeren ländlichen Gebieten unterstützt wird“, schildert Scherf den richtungsweisenden Charakter der GETEMED-Produkte.
Für seine Innovationen hat das Unternehmen bereits zahlreiche Preise erhalten, darunter den deutschen Innovationspreis (2013) sowie den Zukunftspreis Brandenburgs (2014).
Während GETEMED mit seinen Produkten Stadt und Land wieder näher zusammenbringt, profitieren die Medizintechniker auch selbst von der Region. 1992 zog das Unternehmen, für das heute mehr als 70 Angestellte arbeiten, von Berlin nach Kleinbeeren und später nach Teltow. Die Argumente für die Region waren schnell gefunden: „modern, gut angebunden, Fachkräfte im Umland“, so Scherf. Und nebenbei fängt die Natur direkt vor dem Büro-Fenster an: Leben und Arbeiten in Teltow ergeben einfach eine perfekte Kombination.
Keine andere Stadt in Deutschland wächst so schnell wie Teltow, das inzwischen als Boomtown gilt. Zudem trumpft der Standort mit der für die internationale Distribution so wichtigen Nähe „zu einer super dynamischen Metropole.“ Dieser Nähe verdankt GETEMED auch einige fruchtbare Kooperationen mit Kliniken und Universitäten und wissenschaftlichen Einrichtungen in der Region. „Wir haben Kooperationen mit dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam, mit der Charité in Berlin, mit Krankenhäusern in Königs Wusterhausen und auch in Belzig“, so Scherf.
Und auch in anderer, wichtiger Hinsicht ist Nähe für die Zukunft des Unternehmens entscheidend: Mit seinen Produkten ist GETEMED ganz nah am Menschen. Deshalb ist der direkte Austausch mit Patient:innen und Klinikpersonal auch so wichtig. „Mit ihren Ideen und Wünschen entwickeln wir unsere Produkte weiter. Außerdem können wir in einer halben Stunde an den Key-Personen der Welt sein, um über neueste Produktentwicklungen zu sprechen.“
Künftig will das Unternehmen mit seinen Produkten noch stärker den internationalen Markt erreichen – und wird damit ein neues Etikett nach Übersee bringen: Hightech made in Teltow. Die Zeit dafür ist reif.
Anfang 2022 haben GETEMED und das auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen spezialisierte Medizintechnikunternehmen BIOTRONIK aus Berlin ihre gemeinsame digitale Versorgungsmanagement-Plattform „inCareNet HF“ gestartet, die eine lückenlose telemedizinische Betreuung von Patient:innen mit Herzschwäche ermöglicht.
Die behandelnden Ärzt:innen erhalten über die Plattform einen Überblick über sämtliche Daten von externen Sensoren (zum Beispiel EKG- und Blutdruckmessgeräte) und kardialen Implantaten (zum Beispiel Defibrillatoren). Medizinische Einrichtungen, die das Telemonitoring umsetzen, können auf der Plattform effizienter in regionalen Versorgungsnetzwerken zusammenarbeiten – standortübergreifend und durch modernste Web-Technologien. Laut Hersteller ist die entwickelte Lösung ein Medizinprodukt „für eine zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung mit hohem Patient:innennutzen“: „Wir sind sehr stolz auf dieses Vorzeigeprojekt der Translation wissenschaftlicher Studienergebnisse in die digitale Versorgungspraxis“, so der Vorstandsvorsitzende Scherf.
„Indem wir Hightech aus den Kliniken modifiziert haben, ermöglichen wir die Betreuung von schwerkranken Patienten in ihrem Zuhause und geben diesen dort Sicherheit.“
Michael Scherf
Michael Scherf: „Patient:innen werden in Zukunft mehr Verantwortung für ihre Erkrankung übernehmen und stärker in das Management ihrer Gesundheit einbezogen sein. Ein Beispiel ist unser Telemonitoring, mit dem schwer herzkranke Patient:innen im häuslichen Bereich betreut werden können. Die Daten werden von den Patient:innen selbst erhoben und dann via Telemedizin an die betreuenden Ärzt:innen in den Kliniken oder Behandlungszentren übertragen.“
Michael Scherf: „Wir haben die Betreuung schwerkranker Patient:innen im häuslichen Umfeld ermöglicht, indem wir High-Tech, die sonst nur in der Klinik vorhanden ist, so modifiziert haben, dass sie auch im häuslichen Bereich eingesetzt werden kann. Dadurch haben wir die Versorgungsstrukturen verändert. Wenn Risikoneugeborene früher aus der Klinik entlassen werden können und bei den Eltern zu Hause sicher betreut werden können, ist das aus meiner Sicht bahnbrechend.“
Michael Scherf: „In Kooperation mit dem Klinikum Cottbus, Brandenburg, der Charité, der Deutschen Telekom als großem Unternehmen konnten wir eine flächendeckende Betreuung von schwer herzkranken, älteren Patient:innen aufbauen. Die Spitzentechnologie könnte Krankenhauseinweisungen deutlich senken. Insbesondere in ländlichen Regionen sind sie zu einer wertvollen Unterstützung für Ärzt:innen und Patient:innen geworden.
Von der Politik wird jetzt erwartet, dass E-Health in Deutschland klar definiert wird und durch das E-Health-Gesetz gesteuert wird. Es müssen klare Gesetzmäßigkeiten sein, was den Datenschutz angeht, was die Medizinprodukte, aber auch was den Austausch von Informationen angeht, so dass sie allen behandelnden Ärzt:innen zur Verfügung stehen.“
Das ca. 600.000 m² große „Techno Terrain Teltow“ (TTT) ist seit 1991 ein innerstädtischer Büro- und Gewerbestandort in Teltow. Rund 300 Unternehmen – z. B. Medizintechnik, Mikroelektronik, Dienstleistung, Technologie, Transport – mit fast 7.000 Beschäftigten haben sich dort angesiedelt. Damit ist das TTT der größte innerstädtische Gewerbepark in Brandenburg. Die Ernst–Wisser Techno Terrain Teltow GbR ist Initiatorin und Entwicklerin. Das Techno Terrain ist inzwischen zu 90 Prozent ausgelastet.